Begründung des Rektorates zum Beschluss vom 06.12.2021

Die Änderungssatzungen für die Rahmenprüfungsordnung sehen in §§ 1a Abs. 8 RPO-Ba/Ma und RPO-LA die Möglichkeit vor, für alle Studierenden und alle Prüfungen festzulegen, dass nicht bestandene Prüfungen als nicht unternommen gelten. Voraussetzung für diese Entscheidung ist, dass der Universitätsbetrieb und Prüfungen aufgrund höherer Gewalt erheblich beeinträchtigt werden und dadurch entstehende Nachteile für Studierende vermieden werden sollen.

Das Rektorat sieht die Voraussetzungen für diesen Beschluss in den erforderlichen Maßnahmen zur Sicherung des Gesundheitsschutzes und der daraus resultierenden erheblichen Beeinträchtigung des Studiums einschließlich der Ableistungen von Prüfungen durch folgende Gründe gegeben:

  • Ein Großteil der Lehrveranstaltungen wurde im Präsenzformat geplant und begonnen, mussten aber im Verlauf des Semesters auf Online-Formate umgestellt werden. Das bringt in vielen Bereichen didaktische Einschränkungen bei der Vermittlung der Lern- und Qualifikationsziele mit sich, die bei den Studierenden zu einer schlechteren Vorbereitung auf die Prüfungen führen.
  • Für einige Studierende ist die Nutzung der virtuellen Angebote nur eingeschränkt möglich aufgrund technischer Probleme oder mangelnder Netzanbindung oder Netzüberlastung, bzw. auch aufgrund notwendiger Betreuungsleistungen wie beispielsweise während Zeiten des Lockdowns mit Schließungen von Kitas und Schulen, was zu Chancenungleichheit führt.
  • Die Chancenungleichheit wird für Studierende, die nicht geimpft oder genesen sind durch erweiterte Einschränkungen weiter verschärft.
  • Die Einschränkungen der sozialen Kontakte und damit der Nutzung von Lerngruppen u.ä. wirken sich negativ auf Lernergebnisse aus.
  • Praktika oder praktische Anteile können häufig nicht durchgeführt werden oder nur in alternativen Formen mit Einschränkungen, so dass entsprechende Kompetenzen ggf. nur teilweise erworben werden können.
  • die Nutzung der Bibliothek und von PC-Pools oder anderen Lernräumen ist eingeschränkt, was für einige Studierende Probleme im Hinblick auf ungestörte Arbeitsmöglichkeiten und Ressourcennutzung und insbesondere die Prüfungsvorbereitung mit sich bringt. Gleichzeitig entsteht dadurch weitere Chancenungleichheit insbesondere für Studierende, die nicht den 2G-Status erfüllen und deren Studium durch eingeschränkte Verfügbarkeit von Testangeboten zusätzlich erschwert ist.

Generell ist festzustellen, dass die in den Studiengangsspezifischen Prüfungs-und Studienordnungen definierten Lern- und Qualifikationsziele, erreicht werden können, wenn auch mit zum Teil erheblichen Beeinträchtigungen. Die aufgeführten Einschränkungen werden durch das Rektorat jedoch als erheblich für den Lernerfolg und das erfolgreiche Ableisten von Prüfungen betrachtet. Das gilt auch für Wiederholungsprüfungen. Auch wenn es hierfür nicht immer zwingend erforderlich sein sollte, die Lehrveranstaltungen nochmals zu belegen und die damit verbundenen Einschränkungen nicht zutreffen, so sind durch die eingeschränkten Möglichkeiten der Nutzung der Bibliothek und weiterer Infrastruktureinrichtungen ebenso Beeinträchtigungen des Lernerfolgs möglich.

Die insgesamt aufgeführten Beeinträchtigungen führen zudem zu einer größeren Unsicherheit der Studierenden im Hinblick auf die Chancen, eine Prüfung erfolgreich zu bestehen. Gleichzeitig sollen Studierende ermutigt werden, zu Prüfungen anzutreten, um Studienzeitverzögerungen zu vermeiden. Das gilt insbesondere auch für Studierende, die kurz vor dem Abschluss stehen oder die ggf. nur noch einen letzten Prüfungsversuch haben. Diese Studierenden sollen die Möglichkeit erhalten, Prüfungen ohne die negative Konsequenz eines Durchfallens ablegen zu können, um weiteren Studienzeitverzögerungen entgegen zu wirken.

Einige Studierende bzw. Studierendengruppen sind von diesen Beeinträchtigungen aufgrund struktureller oder individueller Hindernisse und Einschränkungen stärker betroffen als andere. In der Regelung, nicht bestandene Prüfungen als nicht unternommen zu werten, sieht das Rektorat daher ein adäquates und angemessenes Mittel, um einen Nachteil für diese Studierenden zu vermeiden und einer Studienzeitverlängerung, die noch größere Nachteile vor allem in finanzieller Hinsicht und ggf. einen Studienabbruch mit sich bringen würde, entgegen zu wirken. Vor dem Hintergrund der Notwendigkeit einer einheitlichen Festlegung für die gesamte Universität bewertet das Rektorat zudem die Bedarfe einer solchen Regelung für einige Fakultäten/Fachkulturen als wesentlicher als den Mehraufwand für die Fakultäten/Fachkulturen, die ggf. keine Notwendigkeit in einer solchen Regelung sehen.

Eine fehlende generelle Regelung zum Umgang mit nicht bestandenen Prüfungen führt zudem zu Einzelanträgen, die in den dezentralen Prüfungsausschüssen zu entscheiden sind und wiederum ein Risiko von Ungleichbehandlung mit sich bringt. Aus diesem Grund wird eine einheitliche Regelung für die gesamte Universität befürwortet.

Auch für Studierende, die aufgrund der erheblichen Beeinträchtigungen befürchten, schlechtere Prüfungsergebnisse zu erzielen als ohne die durch den Gesundheitsschutz bedingten Einschränkungen, nutzt diese Regelung zu § 1a Absatz 8. Wenn Sie feststellen, dass das Anforderungsniveau der Prüfung so hoch ist, dass sie dieses aufgrund der Beeinträchtigungen dieses Semesters nicht in der Qualität wie ohne die Beeinträchtigungen erfüllen können, können Sie entscheiden, die Prüfung so abzulegen, dass sie als nicht bestanden und darauffolgend nicht unternommen gewertet wird. In diesem Fall können sie die Prüfung zu einem späteren Zeitpunkt mit der Chance auf eine bessere Note nochmals abzulegen. Anderenfalls haben Sie die Möglichkeit, die Prüfung abzulegen, wobei dann außerhalb von regulären Freiversuchen zum Regelprüfungstermin keine Notenverbesserung möglich ist.